Die Schweizer Bahnhofsuhr, auch als SBB-Uhr bekannt, ist ein ikonisches Symbol der Schweizer Präzision und Effizienz. Ihr auffälliger roter Sekundenzeiger, der in unverkennbarer Manier in präzisen Abständen springt, hat die Aufmerksamkeit von Reisenden und Uhrenliebhabern auf der ganzen Welt auf sich gezogen. Doch warum stoppt der Sekundenzeiger dieser Uhr? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick auf die historischen und technischen Hintergründe dieses weltbekannten Uhrwerks.
Der legendäre Minutensprung der SBB Bahnhofsuhr ist ein Relikt aus der Vergangenheit. In den Anfangsjahren wurde der Sekundenzeiger mithilfe eines Synchronmotors angetrieben, der von der Netzfrequenz abhängig war. Dies führte zu einem entscheidenden Problem: Die Netzspannung war nicht immer konstant, wodurch der Sekundenzeiger entweder zu langsam oder zu schnell lief. Um dieses Problem zu beheben, wurde eine ungewöhnliche Lösung gefunden. Der Antrieb des Sekundenzeigers der Bahnhofsuhr wurde so konstruiert, dass er in 58½ Sekunden eine vollständige Umdrehung absolvierte und dann auf der 12-Uhr-Position verweilte. Die verbleibenden 1½ Sekunden wurden genutzt, um allfällige Schwankungen in der Netzfrequenz auszugleichen.
Dieses clevere Konzept sorgte dafür, dass die Bahnhofsuhr trotz schwankender Netzfrequenz präzise lief. Heutzutage ist diese Methode technisch überholt, da moderne Uhren auf Zehntelsekunden genau gesteuert werden können. Dennoch wird der Minutensprung beibehalten, als eine Hommage an die Tradition und das Erbe dieser Uhr.
Die Schweizer Bahnhofsuhr wurde in den 1940er Jahren von Hans Hilfiker, einem Schweizer Ingenieur und Gestalter, entworfen. Hilfiker hatte die Aufgabe, alle Uhren an den Schweizer Bahnhöfen zu synchronisieren, um sicherzustellen, dass die Züge stets zur gleichen Zeit abfuhren. Dies war damals eine beachtliche technische Herausforderung, die Hilfiker mit grosser Präzision und Pünktlichkeit meisterte.
Die erste Version der Bahnhofsuhr, die Hilfiker 1944 entwarf, unterschied sich von der heute bekannten Uhr, da sie noch ohne die charakteristische rote Sekunde auskam. Erst zehn Jahre später wurde der rote Sekundenzeiger in Zusammenarbeit mit dem Hersteller hinzugefügt, um die Zeit noch genauer anzuzeigen und die Uhr besser visualisieren zu können. Dieser Sekundenzeiger sollte an die Befehlskelle erinnern, von der aus der Abfertigungsbeamte früher dem Lokführer bei der Abfahrt eines Zuges winkte. Zu dieser Zeit konnte niemand ahnen, dass die schweizerische Bahnhofsuhr zum Kulturgut werden und sogar im Museum of Modern Art in New York ausgestellt werden würde.
Die SBB Bahnhofsuhr wird in Sumiswald, im malerischen Emmental, von der Moser-Baer AG hergestellt. Dort arbeiten rund 115 Mitarbeiter und 20 Auszubildende unermüdlich, um sicherzustellen, dass die Zeit an den Bahnhöfen nicht stillsteht. Die Firma wurde von Wilhelm Moser gegründet und hat seitdem die Tradition der Uhrmacherkunst in Ehren gehalten.
Die Bahnhofsuhr besteht aus rund 700 Einzelteilen, die von ca. 10 Mitarbeitenden jährlich zu 150 bis 200 fertigen Uhren zusammengebaut werden. Im Durchmesser variiert die Uhr von 40 bis 80 cm und ihr Gewicht kann zwischen 20 und 50 kg betragen.
Heutzutage sind an den Schweizer Bahnhöfen etwa 5000 Bahnhofsuhren, auch als Nebenuhren bekannt, installiert. Diese Nebenuhren verfügen über keine eigene Intelligenz, sondern werden von sogenannten Mutter- oder Hauptuhren gesteuert. In jedem Bahnhof befindet sich eine Mutteruhr, die die Nebenuhren mit dem präzisen Zeitsignal versorgt. Diese Mutteruhren empfangen ihrerseits das Zeitsignal entweder über GPS (Satelliten) oder DCF (Funksignal), um höchste Genauigkeit zu gewährleisten.
Der berühmte Minutensprung der SBB Bahnhofsuhr ist somit nicht nur ein technisches Merkmal, sondern auch ein Symbol für die schweizerische Präzision und die Fortschritte in der Uhrmacherkunst. Diese ikonische Uhr verbindet Geschichte und Moderne auf faszinierende Weise und wird weiterhin die Aufmerksamkeit und Bewunderung von Menschen auf der ganzen Welt auf sich ziehen.